Fallen Sie nicht auf Betrug mit Edelsteinen rein!

Immer wieder fallen unerfahren Käufer auf eine alte Betrugsmasche mit angeblich wertvollen Edelsteinen herein. Wie der Betrug funktioniert und wie Sie sich schützen können erfahren Sie in diesem Gastbeitrag. Ein großes Dankeschön an Thomas Pfneisl vom Wiener Edelstein Zentrum.
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2008 veröffentlichte ich auf unserer Webseite und in der österr. Fachzeitschrift “UhrenJuwelen” mehrere Artikel über Edelsteinbetrüger in Indien und Thailand.

Aus gegebenem Anlass sei hier vor einer Betrugsform gewarnt, die in den 1980ern in Deutschland erfunden wurde und nunmehr wieder fröhliche Urständ feiert.

Dabei werden Rubine, Saphire und Smaragde von inferiorer Qualität in verplombten Klarsichtdosen zu einem Bruchteil der in den begleitenden, pompösen “Gutachten” angegebenen, jedoch maßlos überzogenen Werte zum Kauf angeboten.

Die Opfer sind unvorsichtige Banker, die sich von den seriös aufgemachten Gutachten blenden lassen und die Steine zur Kreditbesicherung akzeptieren, sowie private Investoren, die das große Geschäft wittern. Mehrmals wandten sich auch Personen an uns, denen Schuldner solche Edelsteine angeboten oder bereits angedreht hatten.

Der Trick ist immer der gleiche. Die Anbieter geben z.B. akuten Geldbedarf als Grund dafür an, warum sie bereit sind, sich um lächerlich wenig Geld von den Steinen zu trennen. Aufgrund der Dringlichkeit bleibt den Geldgebern keine Zeit, die Gutachten zu prüfen. Schließlich gehen sie auf das Geschäft ein, weil bei einem Kaufpreis von nur 10% des Schätzwerts ja nichts passieren kann, oder?

Es kann und wird! Der Haken sind Gutachten, in denen minderwertigen Steinen, die in Asien um wenige Cent pro Carat gekauft wurden, Werte von mehreren hundert Euro attestiert werden.

Um Ihnen eine Vorstellung von der Größenordnung zu geben: ich wurde in den 80er und 90er Jahren mehrmals von Gerichtsgutachtern beigezogen. Undurchsichtige, missfärbige Rubin Cabochons, die kein Juwelier um auch nur 5 Schilling gekauft hätte, waren mit bis zu 2000 Schilling p.Ct. bewertet und mit 10% dieses “Wertes” belehnt worden. Die Schadenssummen waren dementsprechend groß.

Allen mir bisher bekannten Betrugsversuchen nach dieser Masche waren folgende Punkte gemeinsam:

– Die Gutachten stammen von international nicht bekannten, zumeist deutschen gemmologischen Labors, niemals von weltweit bekannten und anerkannten Instituten und Labors wie z.B. GIA, Gübelin, GRS (Dr. Peretti), DSEF etc. In einem Fall war ein polnisches, in einem anderen ein britisches Labor der Aussteller. Derzeit kursiert Angebot mit “Zertifikaten” eines schweizerischen “Instituts”.
Anmerkung: die großen Institute stellen allerdings nur Echtheitszertifikate und keine Wertschätzungen aus. Dennoch wäre es bei derart großen und “wertvollen” Partien, die noch dazu fast ausschließlich (von) branchenfremden Personen zum Kauf angeboten werden, zu erwarten, dass zu dem Wertgutachten eines weitgehend unbekannten Labors auch ein international anerkanntes Echtheitszertifikat gereicht wird.

– Die begleitenden Gutachten bestehen in der Regel aus einem Blatt pro Dose. Auffällig ist, dass die Transparenz, vor allem der Cabochons, zumeist als “gut”, “sehr gut”, “hoch” o.ä. bezeichnet wird, auch wenn dies dem Augenschein sehr offensichtlich widerspricht.
Weiters fällt auf, dass in den Gutachten die Handelsstufe zumeist nicht angegeben wird. Seriöse Gutachter vermerken, ob der angegebene Wert z.B. den Großhandelswert oder den Wiederbeschaffungswert im Detailhandel darstellt.

– Es werden immer größere Mengen von Edelsteinen angeboten, die partieweise in im Edelsteinhandel gebräuchlichen kleinen Plastikdosen verpackt und zumeist mittels Bleiplombe versiegelt sind. Bisher wurden nach meinem Wissen keine großen Einzelsteine auf diese Art angeboten.

– Der in den Gutachten ausgewiesene Gesamtwert der Steine liegt zumeist zwischen € 50.000 und € 100.000, in seltenen Fällen aber auch deutlich darüber. Im größten mir bekannten, allerdings aufgedeckten, Betrugsfall belief sich der “Schätzwert” auf 160 Millionen Schilling!

– Das durchschnittliche Edelsteingewicht pro Dose liegt zumeist zwischen 50cts und 100cts. Die Dosen sind meist flächendeckend gefüllt.

– Angeboten werden ausschließlich Rubine, Saphire und Smaragde. Bisher ist mir kein Fall bekannt, wo derartige Betrugsversuche mit anderen Steinen unternommen wurde.

– Meist werden sowohl Cabochons, als auch facettierte Steine angeboten. Angebote, die nur Cabochons oder nur facettierte Steine umfassen, sind eher die Ausnahme.

– Das Durchschnittsgewicht der verwendeten Cabochons liegt in der Regel zwischen 0,50cts und 2cts pro Stein. In Ausnahmefällen finden sich auch Steine bis zu 5cts.

– Das Durchschnittsgewicht der verwendeten facettierten Steine ist deutlich geringer und liegt zumeist im Bereich von 0,20cts bis 1cts pro Stein. In Ausnahmefällen wurden aber auch kleinere (vor allem runde) und etwas größere Steine (bis ca. 3cts) angeboten.

– Die Rubin Cabochons sind undurchsichtig und von dunkelroter bis leicht bräunlichroter Farbe.

– Die Qualität der facettierten Rubine ist sehr unterschiedlich und reicht von schlechter (zumeist braunstichiger) Farbe bei mittlerer bis guter Transparenz zu guter Farbe bei völliger Undurchsichtigkeit. In jedem Fall ist die Ware im Fachhandel unverkäuflich!

– Die Transparenz der Saphir Cabochons ist manchmal etwas höher, als die der Rubin Cabochons, aber immer noch als gering zu werten. Die Farbe ist immer ein sehr dunkles, fast schwarzes Blau. Für facettierte Saphire gilt das gleiche, wie für facettierte Rubine.

– Smaragde (Cabochons und facettierte) sind oft deutlich transparenter, manchmal aber auch opak (undurchsichtig). Die Farbe ist entweder sehr hell oder sehr dunkel. Oft zeigen die Steine eine Vielzahl schwarzer Einschlüsse, was sie für den Fachhandel uninteressant macht.

Ob die Anbieter derartiger Partien die Betrüger selbst sind, oder ob es sich dabei um Personen handelt, die selbst betrogen wurden und jetzt, durchaus in gutem Glauben und ohne Betrugsabsicht, die vor langer Zeit erworbenen Steine zu Geld machen wollen, lässt sich meist nicht sagen.

Aber wie dem auch sei, wir vom Wiener Edelstein Zentrum können nur raten, die Finger von derartigen Angeboten zu lassen, wie verlockend niedrig der Preis auch sei!

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